Wenn jeder Schritt sticht:

So beugt ihr Plantarfasziopathie beim Laufen gezielt vor.

Serie »Sehnenverletzungen beim Laufen«, Teil 2
Inklusive PDF-Download: Effektive Übungen für Zuhause

Der Longrun ist geschafft – aber barfuß zur Kaffeemaschine wird zur Tortur. Morgens fühlt sich jeder Schritt an wie auf einem Nagel. Klingt bekannt? Dann ist eure Plantarfaszie womöglich überlastet. In Teil 2 unserer Serie über Sehnenverletzungen nehmen wir uns die Fußsohle vor. Konkret: die Plantarfaszie. Eine unterschätzte Struktur mit großer Wirkung – und einer klaren Message: Sie braucht kein Schonprogramm. Sondern smarte Belastung. Am Ende dieses Beitrags findet ihr ein Handout zum Download – mit detaillierten Übungen für eure optimale Recovery und Verletzungsprävention.

Neu hier? Dann schaut euch unbedingt den Blog-Beitrag “Wenn die Sehnen nicht mehr mitlaufen - Tendinopathien im Laufsport verstehen & vorbeugen” an – der perfekte Einstieg ins Thema.

Was ist die Plantarfaszie?

Die Plantarfaszie ist eine kollagenreiche Gewebsplatte, die sich wie ein Spannseil von der Ferse bis zu den Zehen zieht. Sie unterstützt das Längsgewölbe, speichert elastische Energie und überträgt Kräfte beim Laufen. Bis zum 2,5-fachen des Körpergewichts landet bei jedem Schritt auf ihr. Wird das zu viel, entstehen Mikrotraumen. Bleibt die Regeneration aus, entwickelt sich eine Plantarfasziopathie: eine degenerative Reaktion, meist am Sehnenansatz der Ferse.

Typisches Zeichen: Fersenschmerz nach Ruhe oder morgens beim Aufstehen. Besonders betroffen seid ihr als Laufeinsteiger, Umsteiger auf Minimal-Schuhe, Sportler mit wenig Schlaf, eingeschränkter Mobilität oder erhöhtem BMI.

Wie entsteht das Problem?

Die Datenlage zeigt: Plantarfasziopathie ist multifaktoriell. Diese Punkte erhöhen laut Studien euer Risiko:

  • Schwache kurze Fußmuskeln: Entlasten die Faszie, wenn trainiert.

  • Überpronation oder abgeflachtes Gewölbe: Verstärkt die Dehnung der Faszie.

  • Schlechter Schlaf: Reduziert die Kollagenproduktion im Tiefschlaf.

  • BMI > 27: Mehr Gewicht = mehr Last pro Schritt.

  • Plötzliche Trainingssprünge: Gerade bei Barfußschuhen relevant.

  • Limitierte Mobilität: Z. B. eingeschränkte Dorsalextension im OSG oder verkürzte Wadenmuskulatur.

Achtung: Nicht jeder Fersenschmerz ist automatisch Plantarfaszie. Differentialdiagnosen wie Baxter-Neuralgie, Fersensporn oder Fettpolsteratrophie müssen ausgeschlossen werden, bevor ihr wieder ins Training startet.

Was hilft laut Studienlage?

Die passive Schonung hat ausgedient. Aktive Interventionen stehen im Fokus:

1. HSR-Training (Heavy-Slow Resistance)

Langsame Wadenhebungen (3–4 Sekunden pro Phase), 8–10 Wiederholungen, 2–3x/Woche. Besonders effektiv mit gestrecktem Großzehengelenk. In Studien bis zu 33 Punkte Verbesserung auf dem Foot Function Index.

2. Windlass-Stretch

Morgens im Sitzen: Großzeh Richtung Schienbein ziehen. Täglich 1 Minute. Nach 4 Wochen: signifikant weniger Schmerz.

3. Aktives Fußgewölbetraining

„Short Foot“ oder Zehenanhebung ohne Krallenbildung. Erhöht die Stabilität, verbessert die Propriozeption und senkt das Reizrisiko langfristig.

4. Nachtlagerungsschiene

Nur bei chronischem Verlauf über 6 Monate. Kann Symptome reduzieren.

5. Schlaf & Kollagen

Tiefschlaf ist zentral für die Gewebeheilung. Zusätzlich: Kollagenhydrolysat + Vitamin C etwa 45 Min. vor dem Training kann die Sehnensteifigkeit verbessern.

6. Einlagen

Hilfreich als temporäre Unterstützung, z. B. im Alltag oder bei akuten Schmerzen. Aber: Kein Ersatz für Training.

Die 7-Minuten-Routine

Schnell, effektiv, wissenschaftlich fundiert. Diese Mini-Session könnt ihr täglich durchführen – morgens oder vor dem Lauf:

undefinedDauerZiel
Windlass-Stretch1 MinuteMobilisierung der Plantarfaszie
Großzehen-Anhebung1 MinuteAktivierung kurzer Fußmuskulatur
Short Foot + Einbeinstand1 MinutePropriozeption und Gewölbeschutz
Tibialis Posterior Raises2 x 30 SekundenMittelfuß-Stabilität
Heelraises mit Zehenstreckung2 x 10 Wdh.HSR-Training mit Faszienbelastung

→ PDF mit allen Details zu den Übungen wartet am Ende des Beitrags auf euch :)

Fazit: Die Faszie braucht Zug, nicht Pause

Die Plantarfaszie ist kein Opfer, sondern ein Anpassungskünstler. Wenn ihr sie gezielt reizt, verbessert ihr ihre Struktur und Funktion. Der Weg zur Beschwerdefreiheit führt über Lastmanagement, Krafttraining und Geduld. Die Studien sind eindeutig: Bewegung heilt – nicht Schonung.

Wie sieht es bei euch aus?

Habt ihr eure Fußsohlen im Training bisher vernachlässigt? Dann ist jetzt ein guter Zeitpunkt das zu ändern. Teilt gerne eure Erfahrungsberichte und tauscht euch in den Kommentaren aus. Schaut außerdem ab jetzt jede Woche auf unserem HEALTH BLOCK und bei Physiotherapie: Schmerzfrei Laufen vorbei für nachhaltiges und langfristiges Laufen.

EUER RECOVERY GUIDE

Literaturverzeichnis:

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  2. Rasenberg N, et al. (2020). Risk factors for plantar heel pain. Br J Sports Med.

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  11. Lee et al. (2019) „Effects of short foot exercises on pain and function in patients with plantar fasciitis: A randomized controlled trial“ Medicine (Baltimore). 2019;98(21):e15475. 

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  13. Bendo A, et al. (2023) "Night Splints in Plantar Fasciitis: A Systematic Review." Muscles, Ligaments and Tendons Journal 13.2 (2023): 283-289.

  14. Whittaker GA, et al. (2018) Foot orthoses for plantar heel pain: a systematic review and meta-analysis. Br J Sports Med. 2018 Mar;52(5):322-328. doi: 10.1136/bjsports-2016-097355. Epub 2017 Sep 21. PMID: 28935689.

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